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Berit malt

Berit malt

Monatsarchiv: Oktober 2016

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23 Sonntag Okt 2016

Posted by Berit in Grün

≈ Ein Kommentar

Obwohl in diesem Raum erst das beginnen konnte, was sie selbst als ihre wunderbare Galerie aus Gedanken und Geschichten bezeichnete. Jedes Bild ihrer Gedankengalerie war reich gefüllt mit Eindrücken, die ihr die Welt der Farben zu entlocken vermochte.
So war ein Grün für Berit nicht nur ein simples Grün, sondern beispielsweise eine Wiese, über die sie als Kind in die Arme ihres Großvaters gelaufen war: das Gefühl der Lebensfreude und der Sicherheit. Und gerade ihr Grün in „Eins“ war weit mehr als das. Es war Ausdruck ihrer Hoffnung, endlich wieder aus dem Grau ihrer Seele herauszufinden.

So in Gedanken versunken bemerkte Berit die ungewohnte Spätsommerhitze erst dann, als ihr Kopf zu schmerzen anfing. War es eigentlich jemals Ende August derart heiß gewesen?

Seufzend erhob sie sich von der gemütlichen Gartenbank und ging zurück zum Haus. In der Küche stand wie immer ein Krug mit Tee und Früchten und gerade als sie sich ein Glas einschenken wollte, läutete das Telefon. Nur einen kurzen Augenblick lang verspürte sie den Impuls, das Gespräch anzunehmen, aber dann wandte sie sich wieder dem Tee zu. Das Läuten dauerte an bis Berit ihr Glas ausgetrunken und wieder abgestellt hatte. Sie schüttelte den Kopf und ging hoch ins gemeinsame Arbeitszimmer.

Andreas‘ Schreibtisch war wie gewöhnlich ordentlich und übersichtlich, während ihr eigener beinahe unter der Last von aufgeklappten Büchern und allerlei Papierkram zusammen zu brechen schien. Wie immer war sie erstaunt, wie deutlich man ihre gegensätzliche Persönlichkeit in diesem einen Zimmer sehen konnte. Berit setzte sich an seinen Schreibtisch, nahm Zettel und Kugelschreiber und fing an zu schreiben. Sie schrieb drei Briefe. Einen an ihren Mann und zwei für ihre Töchter, welche sie anschließend auf das jeweilige Bett legte.

Danach ging sie ins Schlafzimmer, holte die Koffer aus dem Wandschrank und begann zu packen.

 

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23 Sonntag Okt 2016

Posted by Berit in Grün

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Ohne zu wissen, warum, ging sie durch das Wohnzimmer hindurch, öffnete die Terrassentür und trat ins Freie hinaus. Ein viel zu heißer Augustmorgen schlug ihr entgegen und Berit blinzelte in den farbigen Garten, dem der nahende Herbst bereits anzusehen war. Die leuchtenden Staudenbeete, Andreas‘ ganzer Stolz, strahlten im bereits herbstlich weich werdenden Sonnenlicht. Aber sie hatte keine Augen für die Farbpracht ihres Gartens, sie durchquerte ihn einfach, um zu der kleinen Bank beim Zaun zu kommen. Von dort aus konnte sie so herrlich in die Weite und zu den Wäldern blicken. Sie liebte es, dort Farben zu sammeln und jene mit Ideen zu füllen. Jedes ihrer Bilder sollte eine Geschichte erzählen, als hätte sie sie mit Worten gemalt. Aber heute sprachen weder der Wald, noch die Felder, noch die Bäume mit ihr. Das Grün blieb grün. Wortloses Grün. Wortlose Farben.

Während ihr Blick immer unachtsamer in der Ferne verweilte, zog sich Berit in ihre Erinnerungen zurück.

„Ich weiß nicht, ob ich das als gut bezeichnen möchte“, sagte sie und zog das Tuch von der Leinwand. Es kam ihr als eine Ewigkeit vor, bis Andreas endlich auf ihr mehrmaliges „Und?“ reagierte.

„Berit, das ist wundervoll! Ich wusste gar nicht, dass du eine Künstlerin bist!“
Andreas nahm sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. Über ihre Schultern hinweg blickte er weiterhin zu ihrem ersten Ölgemälde, zum Werk Eins, wie sie es nannte. „Ich möchte bitte unbedingt Zwei und Drei und weitere.“

Sie konnte sich noch ganz genau an das überwältigende Gefühl des Stolzes erinnern, das sie beide damals in dieser Umarmung durchflutet hatte. Schwer zu sagen, ob sie nur stolz auf ihr prächtiges Bild oder eben auf ihren Mut gewesen war, sich endlich aus ihrem traurigen Dunkel zu befreien. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie sich getraut, etwas für sich selbst zu tun. Einfach um seiner selbst willen. Immer hatte sie vernünftig gehandelt.

Sie war Kindergärtnerin geworden, weil ihre Mutter ihr immer Talent im Umgang mit Kindern zugesprochen hatte. Sie hatte Andreas geheiratet, weil er ihr eine sichere Zukunft bieten konnte. Sie hatte Kinder bekommen, weil diese eine harmonische Ehe krönen sollten.

Doch dann kamen die Depression und ein Schwarz, das sie nicht mehr aus seiner Umklammerung lassen wollte.

Als könnte die Stille des Gartens ihr eine Antwort geben, lauschte Berit den Naturgeräuschen aufmerksam, als sie sich selbst die Frage stellte, ob es wohl eher Schuldbewusstsein oder doch ein Rest dessen gewesen war, das sie beide viele Jahre verbunden hatte, dass er ihr diesen Raum und dessen Möglichkeiten geschenkt hatte.

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23 Sonntag Okt 2016

Posted by Berit in Grün

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Nichts war ihr unangenehmer als zugeben zu müssen, dass sie nicht weiter wusste. Was hatte sie nicht schon alles versucht, um ihren Geist zu lösen, um sich wieder in der Weite ihrer Phantasie verlieren zu können. Was war es nur, das sich in ihren Gedanken festgesetzt hatte und sie so gefangen hielt?
Normalerweise fiel es ihr ziemlich leicht, ihr Ich in all seinen Facetten auf der Leinwand entstehen zu lassen. Ein Bild ohne echte Persönlichkeit konnte und wollte sie nicht malen, davon gab es ihrer Meinung nach schon zu viele.
Sie senkte die Augen und verlor sich im Farbengewirr der Palette in ihrer Linken. Mit einem leisen „Schauderhaft“ legte sie Pinsel und Palette auf das kleine Tischchen vor der Staffelei und streckte ihren Rücken durch. Eine ganze Weile stand sie einfach nur da und blickte auf die Leinwand. Nein, das Bild hatte ihr nichts mehr zu geben. Sie hatte nichts mehr zu geben.
Berit zog ihren Malerkittel aus und erinnerte sich daran, wie sie ihn zum ersten Mal in den Händen gehalten hatte.
Andreas hatte ihn ihr einst freudestrahlend überreicht, als er sie in ihr neues Reich geführt hatte. Er hatte sich wirklich große Mühe gegeben, den muffigen Kellerraum in ein freundliches Zimmer zu verwandeln. Sie sollte die Möglichkeit für Rückzug haben, sie sollte sich nur auf sich selbst konzentrieren können. Auf ein Ich, das ihr nach der Geburt ihrer zweiten Tochter verloren geglaubt schien.
„Aber Schatz, das ist doch ein Apothekermantel!“
„Na und, es spielt doch keine Rolle, welches Kleidungsstück dich vor deinen Farbspritzern schützt, nicht wahr? Und außerdem habe ich einen neuen vom Chef bekommen.“
Dann hatte Andreas seine Frau behutsam weiter in den neuen Raum geschoben, ihr eine Kusshand zugeworfen und die Tür hinter sich geschlossen, um sie alleine zu lassen.
Genau wie heute hatte sie einfach nur dagestanden und sich mit dem Mantel in den Händen ihren Gedanken überlassen.
So viele Farben, so viele Erinnerungen. Eigentlich sollte ich ihn auf einen Rahmen spannen, überlegte sie.
Ihre Hände streichelten den fleckigen Stoff behutsam wie einen alten Freund und legten ihn dann langsam auf dem abgewetzten Ohrensessel ab. Sie fragte sich, wie oft sie wohl schon Tee trinkend darin gesessen hatte, um sich an einem gerade entstehenden Bild zu erfreuen.
Berit warf einen letzten Blick auf ihr Bild, das sich so vehement weigerte, ihr Bild werden zu wollen, und ging aus dem Atelier. Schon längst war das kleine, dunkle Kellerzimmer einem lichtdurchfluteten Studio gewichen. Der Architekt hatte sich vor acht Jahren sehr darum bemüht, dem neuen Familienheim nicht nur zu hübschen Wohnbereichen zu verhelfen, sondern auch ihrer Kunst angemessenen Raum zu verleihen.
Als sie das Geräusch der ins Schloss fallenden Tür vernommen hatte, war es, als machte sich Erleichterung in ihr breit. Die Ausstellung war für Dezember vereinbart, aber das würde wohl nichts werden. Innerhalb von drei Monaten würde sie niemals zu der Aussagekraft zurück finden können, die vor langer Zeit auf sie aufmerksam werden ließ. Es war Zeit, Luise anzurufen und jene davon abzuhalten, die Werbeplakate in den Druck zu schicken. Die große Berit war offenbar doch nicht so groß, wie man sie immer im Schwarzwälder Boten darstellte. Die angebliche Bilderseele Rottweils war ausgebrannt und leer.
An trostlosen Tagen wie diesen pflegte Berit üblicherweise, ihren Rucksack zu packen und sich am Neckar freizuwandern. Aber heute erschien ihr sogar das zwecklos. Die Farben, die Gerüche und Geräusche ihrer Kindheit, ja ihres ganzen Lebens, erschienen ihr plötzlich so fremd wie das Bild im nun geschlossenen Atelier. Das kam ihr ein bisschen merkwürdig vor, denn die Tür war die ganzen Jahre überwiegend offen gewesen. Sie liebte die Offenheit beim Malen, um sich von der Welt mitreißen zu lassen. Eine geschlossene Tür hätte ihr den Eindruck verliehen, eingesperrt zu sein.
Und daher wunderte sie sich über das unerwartete Gefühl der Befreiung, das sie so im Flur stehend plötzlich empfand.

Berit malt

22 Samstag Okt 2016

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Berit malt

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